Fahrschulkurse für Senior*innen - Bericht in der Heilbronner Stimme
Auch im Alter sicher durch den Verkehr
Großes Interesse am Verkehrs-Seminar der Diakonie – Fahrlehrer und Senioren im Dialog
Von Harald Schmidt
HEILBRONN „Fahren konnte ich, auch rückwärts einparken und am Berg anfahren“, erinnert sich Christian Hinderer an den Tag, als er 1962 den „grauen Lappen“ ausgehändigt bekam. „Beim zehnten Auto und bei weit über einer Million Kilometer angekommen, wird es Zeit für eine Überprüfung“, dachte sich der 84-Jährige und meldete sich zu dem vom Kreisdiakonieverband Heilbronn veranstalteten Verkehrsseminar für Senioren an.
Seine Teilnahme und die von ihm danach absolvierte praktische Fahrstunde hatte den aktiven Verkehrsteilnehmer so begeistert, dass er sich am Dienstagvormittag bei der zweiten Ausgabe der Veranstaltung nochmals in den Kreis der 16 interessierten Senioren im Haus der Diakonie einreihte. „Mit unseren Veranstaltungen wollen wir die Leute aus ihren Wohnungen und aus der Einsamkeit holen und die Gemeinschaft pflegen. Das Thema Verkehr haben wir aufgenommen, um den älteren Leuten ihre Unsicherheiten zu nehmen, was uns auch gegenüber den anderen Verkehrsteilnehmern wichtig erscheint“, berichteten Sandra Platter und Karen Thanhäuser von der Offenen Senioren- und Stadtteilarbeit (OSSA) der Diakonie. Die OSSA unterstützt ältere Menschen, eigenständig und unabhängig zu leben.
Das vielfältige Angebot deckt von Begegnung und Kultur über Bildung bis zur praktischen Unterstützung im Alltag alle Lebensbereiche ab. „Sie werden einiges lernen und viel Spaß haben“, sagte Platter zur Begrüßung der Gäste.
Selbst entscheiden Für die Umsetzung des Versprechens sorgte Stefan Dietrich von der Fahrschule „Fahrerlager“. Mit der Art und Weise seiner Ausführungen, weit entfernt vom normalen Verkehrsunterricht, traf er den Nerv der sehr interessierten Senioren und hatte auch für alle Fragen ein offenes Ohr. „Es gibt keine dummen Fragen. Sie sind hier, um besser zu werden und nicht um kritisiert zu werden“, erklärte der erfahrene Fahrlehrer. Körperliche und geistige Fitness, wie unter anderem Hör- und Sehfähigkeit oder auch Beweglichkeit und Gleichgewichtssinn vorausgesetzt, müsse jeder selbst entscheiden, bis zu welchem Alter er am Verkehr teilnehme, meinte Dietrich, der eine aus dem Zuhörerkreis vorgebrachte Altersgrenze von 80 Jahren als nicht zielführend ansieht. „Ich bin mit einem 84-Jährigen gefahren und hatte ein besseres Gefühl als bei 99 Prozent meiner Fahrschüler“, sagte er zur Freude von Hinderer.
Zu den großen Problemen der Senioren gehören das Ausparken, das Wenden, das Rückwärtsfahren und die Vorfahrtsgeschichten. Überhöhte Geschwindigkeit hingegen spiele bei Verkehrsunfällen eine untergeordnete Rolle, wie Dietrich anhand einer Statistik aufzeigte. Problematisch gestalte sich das Ein- und Ausfahren an Autobahnen, wobei ein Großteil der Senioren Autobahnfahrten meiden würden, wie er berichtete. Für Kurt Flammer aus Cleebronn und seine Frau Eva ist die Autobahn jedoch kein Tabuthema. „Ich fahre regelmäßig lange Strecken, das ist für mich kein Problem“, versicherte der 85-Jährige.
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